Jetlag, Langstrecke und Ist-So-Prinzip: Fazit vom Roadtrip mit Baby

Natürlich haben einige im Vorwege gefragt: “Oh, habt ihr keine Sorge vor dem Langstreckenflug mit Baby?”und: “Das wird ja ein Ritt”, oder auch: “Der Jetlag ist für das Baby doch auch heftig.” Tja, so richtig schlimm war das alles ehrlich gesagt nicht.

Ohne, dass unsere Tochter bereits auf der Welt gewesen wäre, stand für uns fest: Wir wollen in der Elternzeit gemeinsam weg. Weit weg. Die Wahl fiel schnell auf Kalifornien und einen Roadtrip per Wohnmobil. Das Wohnmobil hat nämlich den entscheidenen Vorteil: Man packt einmal die schweren Taschen aus und das war’s, kein Gepacke und Geschleppe, um Hotelzimmer zu beziehen oder das Auto wieder vollzuladen. Und: Man schläft nicht alle paar Nächte woanders. Das wollten wir dem Kind nämlich nicht so gerne zumuten, sich alle drei Nächte an eine neue Umgebung anpassen.

Reisen mit Baby/Kind ist anders als alleine oder als Paar zu verreisen, das ist klar. Statt einem späten Abendessen irgendwo (“lass mal was suchen, auf gut Glück”, mit Baby im Schlepptau? Nope) und im Anschluss noch einen Absacker in einer Bar trinken, geht man eher frühstücken oder Mittag essen. Statt stundenlang durch eine Stadt zu schlendern, Museen zu besichtigen oder ausgedehnt zu shoppen, sucht man sich gezielt Spots aus, die man angucken will und schlägt auch kurzzeitig mal getrennte Wege ein, einer mit Kind, der die andere ungestört zwischen Kleiderstangen.

Hier einige Punkte, die wir beachtet haben und die uns geholfen haben, die vier Wochen weitgehend entspannt zu erleben:

  1. Langstreckenflug
    Auf der Hinreise hatten wir einen 12-Stunden-Flug nach Portland, Oregon. Natürlich ist das mit Baby kein Erholungstrip, aber durchaus machbar. Ella ist, wie einige Mitreisende im Flieger bemerkten, “full of life”. Sprich: Sie muss und will sich sehr viel bewegen. Da sie schon im krabbelfähigen Alter war, bin ich immer mal mit ihr in den Gang gegangen und habe sie krabbeln und spielen lassen. Falls es jemanden gestört hat, haben die Leute es sich nicht anmerken lassen. Im Gegenteil, viele fanden es niedlich und gerade ältere Menschen und die Sitzreihe hinter uns, haben mit ihr geflirtet und Späße gemacht. Was den Zeitvertreib einfacher macht: Ein neues Spielzeug oder Buch einpacken! Und sobald sie müde wurde habe ich sie mir in der Trage umgeschnallt, bin kurz auf und ab gegangen und sie hat geschlafen. Und: Mal habe ich sie zum Start gestillt für den Druckausgleich in den Ohren. Mal hat sie die Landung verpennt und es hat ihr gar nichts ausgemacht.
  2. Jetlag
    Auch das weit weniger ein Problem, als man annehmen mag. Und auch hier bewahrheitete sich: je entspannter man selbst ist, desto entspannter ist das Kind. Der Anreisetag war lang: Gegen halb vier morgens aufstehen, ein Langstreckenflug, am frühen Nachmittag in Portland landen, Gepäck holen, Buggy bei Walmart abholen, ins Airbnb-Apartment und dann noch etwas essen gehen. Wie viele Nickerchen Ella an dem Tag gemacht hat, kann ich kaum mehr zählen. Aber: Es waren nur Nickerchen. Wir haben sie nie übertrieben lange schlafen lassen sondern dann am späten Nachmittag versucht, sie fast bis zur normalen Bettzeit wachzuhalten. Dann haben wir sie bettfertig gemacht und hingelegt. Die ersten beiden Nächte ist sie zweimal jeweils eine Stunde lang wach gewesen, das Aufwachen allerdings von Höllengebrüll begleitet. Danach war das Thema Jetlag gegessen und sie war an den Tag-Nacht-Rhythmus vor Ort angepasst. Auf der Rückreise dauerte es etwas länger, circa eine Woche.
  3. Ist-So-Prinzip
    Es gibt Dinge, die kann man einfach nicht ändern. Die muss man nach dem Ist-So-Prinzip einfach hinnehmen. Hunger, volle Windel, müde – kann man alles recht zügig und leicht beheben (sprich: immer was zu knabbern und eine Wickeltasche dabei – aber das versteht sich bei Müttern Eltern ja von selbst). Einige Dinge aber nicht und da gilt es, sie so zu nehmen, wie sie passieren und sich weder einen großen Kopf drum machen, noch sich zu ärgern.
  4. Planung ist alles
    Denn: Was geplant ist, ist geplant, darum muss man sich nicht mehr kümmern. Falls was unvorhergesehenes passiert, schmeißt es einen nicht so aus der Bahn. Wir haben die Reise im Vorhinein ziemlich genau geplant: Wann sind wir wo und wie lange. Auch die Campingplätze haben wir von Deutschland aus komplett gebucht. Außerdem habe ich teilweise recherchiert, wo der nächste Supermarkt oder Drugstore ist und auch, ob es ein Krankenhaus in der Nähe gibt. Denn was wir auf keinen Fall wollten, war mit schreiendem Baby durch die Nacht fahren auf der Suche nach einem Campingplatz. Im Gegenteil haben wir darauf geachtet, nicht zu große Distanzen zurückzulegen und falls eine Fahrstrecke doch länger war, sie so zu unterteilen, dass es mit Ellas Rhythmus (Schlaf, Essen, Spiel) passte.
  5. Pensum
    Der für mich vielleicht entscheidenste Punkt, denn alles andere ergibt sich schon: Man muss das Pensum anpassen. Das kann man nicht schön reden, das ist einfach so. Denn mit Kind dauert ALLES irgendwie länger. Schließlich kann man nicht mehr zeitgleich duschen, sondern einer duscht, einer passt aufs Kind auf und versucht im Wohnmobil klar Schiff zu machen. Dann muss das Kind nochmal gewickelt und angezogen werden. Ah, doch noch Hunger? Ok, hier hast du ein Stück Bagel für die Fahrt. Außerdem: Ein Baby im krabbelfähigen Alter will vor allem das: Immer mal krabbeln und spielen. Nur in der Karre sitzen oder in der Trage ist dann doch irgendwie öde. Also haben wir regelmäßige Spielpausen gemacht. Wahlweise auf Spielplätzen oder am Strand. Sprich, man sollte sich vielleicht ein, zwei Sachen pro Tag weniger vornehmen – dafür aber vielleicht mehr Tage vor Ort einplanen.
  6. Stillen & Babynahrung
    Ich habe, entgegen meines ganz ursprünglichen Plans, was die Dauer des Stillens angeht, Ella auch in diesem Urlaub noch gestillt. Und tatsächlich glaube ich, dass es irgendwie geholfen hat, und sei es zu Beginn des Urlaubs und im Flugzeug, zur Beruhigung. Plus: Pre-Milch ist wahnsinnig teuer in amerikanischen Supermärkten. Dazu noch Wasser abkochen und Flaschen täglich sterilisieren im Wohnmobil. Nein danke. Da war das die einfachste Methode – zumal ich tagsüber nicht stillen und so nicht vor den Amis blank ziehen musste. Denn in diesem Urlaub hat Ella – zusätzlich zur Babynahrung – endgültig angefangen, normal bei uns mitzuessen und fand das auch deutlich spannender. Wer komplett Brei füttert: Jeder Drugstore (CVS, Walgreens) und jeder Supermarkt wie Walmart oder Target hat Babynahrung. Allerdings sind die Portionen deutlich kleiner. Wahrscheinlich wird mehr Milch gefüttert oder die Kinder essen mehr und früher beim Familienessen mit.Tatsache ist: Wir haben uns ausgesucht, wohin wir wollen, aber das Baby hat den Takt vorgegeben. Zum Zeitpunkt der Reise machte Ella noch zwei bis drei Nickerchen am Tag. Diese Zeiten haben wir genutzt, um von a nach b zu kommen. Sei es mit dem Wohnmobil oder spazierend und sie im Buggy. Das hat wunderbar geklappt und hat tatsächlich auch super mit unserem “Wunschzeitplan” hingehauen. Nach dem Frühstück wurde alles zusammengepackt, abgewaschen, Kind in den Kindersitz, Motor an, Kind schläft. Nicht immer, aber oft. Ebenso nach dem Mittagessen oder gegen Nachmittag. So konnten wir beispielsweise in Ruhe durch San Francisco, Santa Barbara & Co. laufen, während das Kind in der Karre schlummerte.

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